Bremer Uni-Schlüssel Nr. 149, Februar 2018
Stiftungen vorgestellt: „Die Iris und Hartmut Jürgens Stiftung – Chance auf ein neues Leben“
Verantwortung als Familiensache
Im gemütlichen Wohnzimmer ihres Hauses an der Grohner Bergstraße knistert ein Kaminfeuer. Drumherum hat sich Familie Jürgens versammelt, um von den Zielen ihrer Stiftung zu berichten. Zwei Jahre gibt es diese Treuhandstiftung für die Universität Bremen, erste Projekte wurden 2017 unterstützt.
Es ist ein trautes Familienbild. Mischlingshündin Melly kaut an einem Ball, den der kleine Finn, 13 Monate alt, ihr abluchsen will. Schließlich spielen Kind und Hund friedlich miteinander. Iris Spiegelhalter-Jürgens schaut liebevoll auf ihren Enkel. Wären da nicht die Lichter, das Foto und die Büste auf einer Art Altar, würde man die Lücke vielleicht gar nicht gleich bemerken. Im Herbst vergangenen Jahres ist Hartmut Jürgens an einer Krebserkrankung verstorben. Nach einer erfolgreichen Lungentransplantation 2011 war er voller Hoffnung. „Wir haben selbst eine Chance auf ein neues Leben bekommen, das ist für uns ein Geschenk und eine Verpflichtung“,die das Ehepaar zur Stiftungsgründung im Dezember 2015 bewog.
Jetzt führen die Kinder das Vermächtnis ihres großherzigen Vaters als Kuratoriumsmitglieder fort. War der promovierte Mathematiker Hartmut Jürgens mehr als vier Jahrzehnte an der Universität Bremen tätig, so stellen Tochter und Sohn nun die Verbindung her. Sylvia Jürgens studiert im Fachbereich Informatik digitale Medien im Master. Jan-Patrick Jürgens, Vater des kleinen Finn, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bremen Center for Computational Materials Science (BCCMS). Als „sehr anwendungsnah“ bezeichnet er seine Forschungsarbeit bei der Airbus Stiftungsprofessur für Integrative Simulation und Engineering von Materialien und Prozessen (ISEMP). Er berichtet von Computersimulation des 3D-Druckens, die in der Zahnmedizin oder in der Luft- und Raumfahrtfahrt eingesetzt werden können.
„Wir wollen mit unserer Stiftung das wissenschaftliche und soziale Engagement von Menschen in prekären Lebenslagen unterstützen“, sagt Iris Spiegelhalter-Jürgens. „Sinnvoll und nachhaltig“ sollten die geförderten Projekte sein, unterstreichen ihre Kinder. „Wir haben nicht nur Geflüchtete als Zielgruppe im Auge, sondern auch Menschen mit Behinderungen“, verdeutlicht Sylvia Jürgens. Sie sei selbst neun Jahre lang in einer Kooperationsklasse zur Schule gegangen, zuletzt am Gymnasium Vegesack. Deshalb sei sie für das Thema besonders sensibilisiert.
Jan-Patrick Jürgens hat einen Internetauftritt eingerichtet und auch auf der Spendenplattform „better place“ eingestellt. Zwei Projekte an der Universität hat die Jürgens-Stiftung inzwischen gefördert. Ein Modul im Fachbereich Biologie, das die Integration Geflüchteter und benachteiligter Gruppen zum Inhalt hat und eine Konferenz zu Unternehmensgründungen von Migranten aus der Wirtschaftswissenschaft. „Ich könnte mir auch sehr gut Innovationen aus der Robotik vorstellen, für die wir uns einsetzen“, sagt Jan-Patrick Jürgens. Er denke da an die Unterstützung der Mobilität beeinträchtigter Menschen. Medizinischen und therapeutischen Fortschritt wollte Stiftungsgründer Hartmut Jürgens im Blick behalten.
Flüchtlinge sind für die Familie Menschen, die ihre Zuwendung brauchen. Nicht nur mit Stiftungsmitteln. Iris Spiegelhalter-Jürgens engagiert sich ganz persönlich ehrenamtlich in ihrer Kirchengemeinde, um Neuankömmlinge mit dem Nötigsten auszustatten. Ihre Schwiegertochter, Stephanie Jürgens , Mutter des kleinen Finn, ist Mediengestalterin und liebäugelt mit dem Gedanken, das Kuratorium zu verstärken. „Das ist besonders schön, wenn wir es komplett in der Familie behalten“, freut sich Iris Spiegelhalter-Jürgens. Gesellschaftliches Engagement ist hier Familiensache.
Jürgens Stiftung im Bremer Uni-Schlüssel 149 Februar 2018 (PDF)